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Ökostrom
Freitag, 25. Mai 2012 - 23:55 Uhr

Wie so oft kam ich heute nach einem harten Arbeitstag zu Hause an, fuhr sofort den Rechner hoch, um weiter an der großen Revolution zu arbeiten. Während ich mir noch gemütlich ein Käffchen am Wohnzimmertisch gönnte, brummte der Lüfter meiner uralten Aldi-Büchse gewohnt laut vor sich hin. Nach dem Geräuschpegel zu urteilen haben die da versehentlich ein Turboprop-Triebwerk eingebaut, echt heftig laut das Ding.

Doch plötzlich, ohne jede Vorwarnung:

WWWWWWWWWWWWWWWWWW........ * pitch *

Dann klackte noch das Sicherheitsrelais des Fernsehers, und Ruhe war.

Allerdings für nur sehr kurze Zeit, unwesentlich später tumultisierte es auch schon im Treppenhaus. Da war wohl jemand ohne Spannung im abendlichen Fernsehprogramm. Nachdem Nachbarn und ich alle Sicherungen im Haus geprüft hatten, stand schnell fest: War nicht nur bei mir, nicht nur bei uns im Haus, nein, das war was Größeres. Wie sich später herausstellte, brannte im halben Kölner Westen kein Licht mehr.

Hmmm. Und jetzt? Haufen Ideen im Kopf, aber Rechner läuft nicht. [zensiert] 42

Schneller Blick aus dem Fenster ... kein Atompilz in Sicht, waren wohl nicht die Russen.

Dann endlich realisierte ich, was passiert war: Der Ökostrom, den ich seit Jahren schon abonnieren will, er flatterte mir ohne mein Zutun in die Hütte. Mein Haushalt war zu einhundert Prozent CO2-Frei, absolut Klimaneutral. Tolle Sache. Nichts dafür getan und doch das Ziel erreicht. Wenns finanziell doch auch Mal so gut laufen würde.

"Was nun.", tat ich denken. "Gut, wenns halt sein soll, nutze die Gelegenheit und nutze die Zeit." Kopfhörer ins Ohr gepult, MP3-Handy voll aufgedreht (ein wenig Unterhaltung muss sein), und los gings. Mit all den Sachen, die ich schon Tage (*hust*) vor mir her schiebe:
• Bude durchfegen
• Wohnzimmertisch aufräumen
• Komode im Flur entrümpeln
• bisl Papierkram erledigen

Dann bekam ich das erste Mal Panik.



Das Handy war ebenfalls kurz vor einem Stromausfall. Ohne Mucke läuft bei mir gar nix, Stillstand und Bewegungsstarre waren vorprogrammiert. Aaaaaber, meine Bude steht voller Rechner die ich nicht brauche, darunter Laptop und Netbook, für gewöhnlich eingesteckt und schön am Kernkraftwerk saugend. Soll heißen: deren Akkus waren randvoll.



Während das Handy per USB-Strecker auflud, konnte ich außer Haus-Kram erledigen.
• Müll wegbringen
• Altpapier entsorgen

Ich kam grad bestens gelaunt wieder in die Wohnung, rufts Schwesterchen an. Sie war beileibe nicht aufgeregt, aber wirklich entspannt klingt anders
Et wohnt nen Kilometer entfernt, bei ihr war auch alles auf Null. Interessant dabei: Nichts funktionierte, aber per Handy telefonieren, das ging. Immerhin brauchts dafür stationäre Sendeanlagen und all den Kram. Internetverbindung per Fon hatte ich aber nicht. Andere wahrscheinlich auch nicht, weshalb die Krankenhäuser wohl randvoll mit Teenagern auf Klingelton-Download-Entzug waren und noch immer sind.

Mir war das alles Wurst. Im Gegenteil, ich fand es herrlich. Zwei Stunden keine Fernsehwerbung, kein Computer-Lüfter der sagt "Arbeite, du Sau", wie eine zwangsverordnete Ruhepause von sämtlichen multimedialen Aufgaben. Sowas könnt man meinetwegen jeder Woche einmal machen. Könnte auch ein Zeichen dafür sein, das ich doch ein klitzekleines bisschen zu viel Arbeite.

Während ich weiterhin hier und da rumkramte und sortierte und machte und tat,
fiel mir irgendwann ein schwaches Lichtelein ins Auge.



Meine Wii ... hatte wiider Strom? Zweifelsohne hat sie W-LAN, aber W-Strom, das wär mir neu. Nein, tatsächlich war der Strom wieder da, hat sich unbemerkt zurück in mein Leben geschlichen.

Schit, musste ich wohl wieder. Als Erstes checken, ob der Rechner die temporäre Apokalypse überlebt oder wenigstens nicht die Festplatte mit den ebenso wichtigen wie ungesicherten Daten fritiert hat. Aber ist alles heil geblieben, obwohl der Rechner bei voller Fahrt und mit geöffneten Programmen ins Jenseits geschickt wurde.

Ich bin schon auf das große Geschrei morgen gespannt. Denn wie immer bei richtig großen Katastrophen melden sich alle zu Wort, die was zu sagen haben oder wenigstens gerne gehört werden würden. Als könnt ich in die Zukunft sehen/hören:

Die CDU:
Ohne Kernkraft geht es nicht.

Die SPD:
Neuwahlen!

Die FDP:
18%

Die Linken:
Wir haben immer davor gewarnt.

Die Grünen:
War was?

Al Kaida:
Das waren wir.

Anonymous:
Das war erst der Anfang.

Der Mä:
Nett wars.

Und so weiter und so weiter.

Egal. Zwei Stunden ohne Strom und ich bin nicht Tod. Die Generalprobe für den großen Blackout habe ich überstanden.

Nachdem ich mehr als zwei Stunden meines Lebens mit diesem völlig sinnlosen Blogbeitrag verschwendet habe, werde ich nun wieder ans Werk gehen. Die Ewigkeit ruft.

Gruß
Martin


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