In unserem 3 Sterne Hotel haben wir uns diesmal das Frühstück gespart, da wir schneller in die Pötte kommen wollten. Obwohl, 3 Sterne hätten vielleicht ein vernünftiges Frühstück ergeben ...
Zu allererst ging es in
Castellane zum nächsten Supermarkt, bisl Futter für die Reise einpacken. Alles in Allem hat das soviel Zeit gekostet wie es ein Frühstück auch getan hätte, aber egal. Vor Ort trafen wir eine Vierer-Bikergruppe, die aus unterschiedlicheren Bikes kaum hätte bestehen können.
Eine große Enduro, eine Cross-Maschine, ein Chopper und ein 3-rädriger Roller. Prost Mahlzeit. Eine Fireblade hätte die Runde komplettiert. Mir kommt noch heute das Grinsen, den ganz gleich was für eine Strecke/Piste die fahren, mindestens einer fühlt sich fehl am Platz. Aber sympatisch waren die Jungs, und wir sollten sie nicht zum letzten Mal gesehen haben.

Die Nahrungsbeschaffung erfolgreich absolviert, fuhren wir mehr oder weniger immer Richtung Norden, zu Anfang am
Lac de Castillion vorbei nach
St. Andre les Alpes. Unser erster Pass des Tages sollte der
Col du Allos(i) sein. Die Südseite zieht sich ein wenig, da hier duch das Allos-Tal gefahren werden muss, das fast schnurgerade zwischen den Bergen hindurch führt.

Auf einem kleinen Parkplatz in
Colmars, an dessen Ausfahrt das Selbstportrait für Putzfaule entstanden ist, habe ich erstmal meine Bepackung umbauen müssen. Am Morgen hatte ich meine fette Rolle testweise nicht quer sondern längs auf den Sozius-Platz geschnallt. War eine Idee von Mic, das die Kiste dann vielleicht besser liegt oder windschlüpfriger ist. Aber im Endeffekt überwiegten die Nachteile, denn ich war zwischen Packtasche und Tank dermaßen eingekeilt, das von Fahrvergnügen keine Rede sein konnte. VIELEN DANK, MIC!
Nach dem eher langweiligen Allos-Tal und meiner Umpackaktion kamen mit der Auffahrt zum
Col du Allos(i) dann endlich Kurven und Kehren auf uns zu, es ging durch einige halb verlassene Skiorte und brachliegende Skipisten. Auf der Passhöhe haben wir kurz für ein Fotoduell Halt gemacht.
Die Nordseite zeigte sich dann interessanter, fast die ganze Zeit fährt man eine Schluchtwand entlang, ähnlich wie auf der Nordseite des
Madeleine, nur das alles viel felsiger und grauer erscheint. Etwa in der Mitte der Nordrampe fing es an zu regnen, was natürlich die Stimmung nicht gerade anhob. Es war zwar nur leichter Regen, aber der reichte aus. Die Piste wurde rutschiger, was selbstredend die Fahrfreude ein wenig dämpfte.
In
Jausiers, an der Abzweigung zum
Col de la Bonette(i), legten wir eine Pause ein. Direkt an der Ecke gibt es einen Parkplatz, in der Mitte steht ein kleiner aber markanter Apfelbaum.
Mic telefonierte von dort aus mit der Heimat. Ich trug ihm auf, auch nach dem Wetter bzw. Regenradarbild dieser Gegend zu fragen. Glücklicherweise erfuhren wir, dass das Regengebiet nur in der Region zugange war und wir im Laufe des Tages mit Wetterbesserung rechnen konnten.
Wie dem auch sei, über den
Bonette(i) ging es im Regen und auf nasser Fahrbahn. Auf der Südrampe ... kaum zu glauben ... überholten mich andere Biker, als wären sie auf trockener und ich auf nasser Straße unterwegs. Irre. Ich hatte zwar erst seit wenigen Monaten wieder ein Bike und somit wenig Fahrpraxis, aber das die mich so stehenlassen mussten, war wirklich nicht sehr nett.
Auf der Passhöhe angekommen, machten wir kurz ein Foto von uns und dem oben beheimateten Hinkelstein.

Anders als bei meiner letzten Überfahrt im Jahr 1999 konnten wir diesmal mit dem Motorrad die Extra-Runde um den
Cime de la Bonette auf unseren Mopeds absolvieren, damals war er nur für Fußgänger freigegeben. Von oben konnten wir unser nächstes Ziel sehen, die D63, die in einem Bogen um die Bonette-Passspitze herumführt. Das Bild stammt aus dem Jahr 1999 (wurde bei besserem Wetter aufgenommen).
Auf der Suche nach der Einfahrt auf die D63, die sich nach dem Urlaub als
Col de la Moutière herausstellen sollte, mussten wir die Südabfahrt des Bonette hinter uns bringen. Bei schönem Wetter mag diese zwar interessant und schön zu fahren sein, bei schlechtem Wetter hat sie allerdings erheblich zuviele Kurven. Auf der Abfahrt fährt man mitten durch eine Befestigungsanlage aus dem 1. Weltkrieg. Die auf der Nordseite sieht noch halbwegs akzeptabel aus, die auf der Südseite ist jedoch vom totalen Zerfall nicht mehr weit entfernt. Wegen des schlechten Wetters verzichtete ich hier auf allzuviel Fotostopps. Irgendwo auf dem Stück haben wir auch die vier Jungs das erste Mal wiedergesehen, die wir am Morgen vor dem Supermarkt in
Castellane kennengelernt haben. Bei sattem Regen kamen sie uns entgegen, waren vor allem Aufgrund des wilden Bike-Mixes gut zu erkennen.

Nun waren wir auf der Suche nach der Einfahrt zum
Moutière. Versehentlich hielten wir einen Wanderweg als die Einfahrt und waren für ein Minütchen etwas angepisst, weil die Strecke gesperrt war. Aber klar, die gefundene Einfahrt war ein schmaler Wanderweg, ist schon nicht so falsch, das der gesperrt war.
Die tatsächliche Abbiegung zum
Moutière war dagegen so breit und gut ausgebaut wie die Südrampe des
Bonette(i) in diesem Teilstück.

Die Ostrampe hatten wir gefunden und genossen sie, obwohl das Wetter wirklich mies war. Die Straße war Anfangs sehr gut und sehr breit. Das änderte sich jedoch nach und nach, bis die Piste ein schmaler Asphaltstreifen von miesester Qualität war. Auf unseren Enduros konnte und das natürlich herzlich egal sein, im Gegenteil, endlich wurden unsere längeren Federwege gebraucht.

Irgendwann kommt dann die Stelle, von der aus man die Passspitze des Bonette sehen kann, bzw. die Straße vom Bonette aus gesehen werden kann. Man erahnt es schon, wenn man auf der Straße geradewegs auf einen hohen Berg zufährt, mit guten Augen oder besser noch einem Fotoapparat mit gutem Zoom kann man sich darüber Klarheit verschaffen.

Danach ging es auf der welligen Asphaltpiste in Richtung der
Moutière-Passhöhe, die alles andere als aufdringlich daherkommt. Sie ist durch nichts markiert, außer das es nach vielen Aufwärts-Kilometern wieder abwärts geht, durch genauso fesiges und schroffes Terrain wie auf der anderen Seite.

Etwa einen Kilometer hinter der Passhöhe zweigt die D9 nach links ab, die auf geschottertem Weg nach
Bayasse zum
Col de la Cayolle(i) führen soll. Auch hier waren wir uns nicht sicher, ob wir die Abzweigung finden würden, aber tatsächlich waren wir erfolgreich und sind in auf den schwer zu fahrenden Weg abgebogen. Gleich auf den ersten Metern hatten wir Kontakt zur örtlichen Tierwelt, kaum sichtbar lümmelten sich zwei Murmeltiere am Straßenrand, die mir ohne Mic'schen Fingerzeig nie aufgefallen wären. Wer möchte kann sie im nebenstehenden Bild suchen, sind nicht einfach zu finden.
Der Mic kannte sich auf Schotter aus, fuhr voraus, ich hatte meine liebe Mühe. Und letztendlich, etwa bei km/h 2, hats mich dann auf die Seite gelegt. Mein Tempo zuvor war zu hoch (<10 km/h), ich habe genau auf eine der Steinpfützen zugesteuert, dort etwas abgebremst, das Vorderrad ist weggeknickt, ... Paff, lag ich da.
Die Schotterstrecke hoch zum
Mont Chiran am Tag zuvor war definitiv schwerer zu bewältigen, aber sie hatte einen ganz klaren Vorteil: sie war trocken. Der nasse Schotter der D9 war nichts für mich. Mit vernünftig Profil wäre es vielleicht gegangen, doch bei den möchtegern Enduromixsocken meiner XT, nix zu machen. Wenigstens für mich.

Ich habe zwar schon schwerere Kisten wieder aufrichten müssen (jadoch, da gab es einige), aber die XT habe ich diesmal zum Verrecken nicht auf die Beine stellen können.
Nachdem ich mein vorausgeeiltes Service-Team zurückrufen konnte und der Mic sie Mal eben so mit einem Ruck aufgerichtet hat (Technik ist alles), meinte er noch, dass die Piste genauso weiter geht, wir kein Ersatzteile für eventuelle Sturzschäden dabei haben, die Strecke wohl doch etwas zu schwer für einen ungeübten Schotterer wie mich ist und wir wohl besser umkehren sollten.
Aber ich wollte mich nicht davon abbringen lassen, ich wollte unbedingt die Abkürzung zwischen
Bonette(i) und
Cayolle(i) fahren, Basta! Ich stieg wieder auf mein Bike, fuhr 50 Meter weiter ... und lag wieder auf der Fresse.
Und das was in der Sekunde danach passierte, habe ich so noch nie erlebt. Von jetzt auf gleich war ich im wahrsten Sinne des Wortes komplett demoralisiert. Eben noch voller Tatendrang, die Strecke durchzufahren, und kurz danach hatte ich sowas von keinen Bock mehr auf Schotter. Wirklich ab-so-lut keine Lust.
Ich hob die Maschine auf (hatte tierisch viel Wut und Adrenalin im Blut, daher ging es diesmal ohne Hilfe) und wollte nur noch zurück auf schön totasphaltiertes Gelände.

Somit sind wir die (gefühlt) unendlich lange Strecke zurück zum
Moutière gefahren, mehr oder weniger schnell über dessen nördliche Schotter-Piste (!), und hoch zur wunderschön asphaltierten Bonette-Nordrampe. Was war ich froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Zur Beruhigung konnte ich nochmal die Knipse rauskramen und genau von der
Moutiere-Einfahrt aus eine der Kasernen der Umgebungen aufnehmen.
Auf der Abfahrt, wieder runter zu unserem Apfelbaum, habe ich noch kurz und schnell ein nettes Panorama der verregneten
Bonette(i)-Nordrampe ergattert:
Während ich mich gerade für den Fotostopp zurechtmachte (rechts ranfahren, anhalten, Tankrucksack aufmachen, Kanone rauskramen, zielen), hörte ich von links eine Stimme:
"Na dann mach mal schön ordentlich Fotos" oder so ähnlich. Was ich da genau hörte, weiß ich nicht mehr genau, aber es klang ruhig und sehr sympatisch. Es war ein bebiktes Päärchen aus Germanien, mit denen ich dann kurz (halb auf der Straße) ein paar Worte wechselte, und noch sagte
"wir können uns gerne unten an der Hauptstraße am Apfelbaum treffen, noch einen Schönwetterplausch halten".
Die beiden haben sich wahrscheinlich gedacht
"'Apfelbaum? Apfelbaum? Ja wie Apfelbaum?".

Ich fragte mich kurze Zeit später auch, was ich denen da erzählt habe, als wäre der Apfelbaum so auffällig. Wie auch immer, ich kam vor ihnen unten an, stellte meine Maschine ab und machte mich für eine Pause klar, da trafen die beiden auch schon ein und sagten als Erstes:
"Ach so, der Apfelbaum, der war wirlich einfach zu finden".
:)
Wir quasselten dann noch ein wenig, bevor wir in Richtung
Col de Vars aufbrachen. Unsere beiden Kurz-Bekanntschaften sind übrigens auch auf dem großen Bonette-Panorama verewigt worden.
Ganz nebenbei, wären zu der Zeit die Russen eingefallen, sie hätten keine Chance gehabt.
Über uns hielt eine Staffel Tiger-Kampfhubschrauber ein Manöver ab, einen davon konnte ich auf SD-Karte bannen.
Das war der Regen-Part des Tages. Die zweite Hälfte sollte trockener werden.