Nach unserer Pause im Obstgarten hörte es endlich auf zu Regnen, auf langsam abtrocknender Strecke fuhren wir weiter zum
Col de Vars. Meine Erst/Letztbefahrung fand im Jahr 1999 statt, als sonderlich berauschend hatte ich ihn nicht in Erinnerung. Somit stellte ich mich auf eine Transitstrecke zum dahinterliegenden
Izoard ein. Aber irgendwie gefiel er mir diesmal sehr gut. Es gibt auf der Südrampe einige schöne Kehren und Kurven die sich gemütlich fahren lassen, noch dazu liegt abseits der Straße dichter, grüner Bewuchs.

Auf der Südseite war die Straße teilweise noch naß, aber spätestens ab der Passhöhe war alles wieder trocken. Den oberen Teil der Nordrampe durchfuhren wir sehr fix, was angesichts der geradlinigen Straßenführung auch nicht schwer ist. Im unteren Teil kam dann der schönere Abschnitt, viele Kehren und weite Kurven, die an einer Schluchtwand entlang führen, wie wir sie auf unserer Tour schon desöfteren gesehen haben. Auch diesen Part hatte ich so (und nicht so angenehm) in Erinnerung.

Weiter ging es nach Nord-Osten und zum
Col d'Izoard. Dazwischen liegen aber noch die
Combe du Queyras, ein Schluchtengebiet, das ähnlich schön ist wie die
Clues de Barles, die wir am Nachmittag des
dritten Tourtages durchfahren haben. Die Straße durch die Combe führt die ganze Zeit an einem Fluß entlang, der rund auf der Hälfte der Strecke aufgestaut ist. An dieser Stelle muss man einen schmalen See überqueren, der einfach herrlich in die Landschaft passt.
Die Schlucht hinter uns, fuhren wir nun auf die Südrampe des
Col d'Izoard. Die hatte ich als sehr schön in Erinnerung, und diesmal sollte mich mein Gedächnis nicht täuschen. Untenrum sehr grün, obenrum grau und felsig, und die Passhöhe kann sich auch sehen lassen.

Weiter nach Nordosten fahrend überquerten wir den
Col de Montgenèvre(i). Erst nach der Reise bemerkte ich, das es sich bei der Strecke tatsächlich auch um einen Pass handelt, daher habe ich dort kaum Fotostopps eingelegt, eigentlich sind wir fast am Stück bis ins Tal nach
Cesana Torinese durchgefahren. Sonderlich interessant fand ich das Stück auch nicht, eventuell wäre der Weg nach Norden über den
Col de l'Echelle die bessere Alternative gewesen.

An
Reisetag 3 war es der Mic, der am späten Nachmittag schwächelte und nur noch eine Unterkunft finden wollte, während ich bis Mitternacht hätte weiterfahren können. Diesmal war ich total im Sack, obwohl das Zeiteisen nichtmal 18 Uhr anzeigte. Im italienischen Ort
Oulx fanden wir am östlichen Ende die
Residence Cascina Genzianella, die von außen viel zu teuer aussah. Daher ging ich kurz rein um die Preise zu erfragen. Da ich jedoch mööd und unkonzentriert war, bin ich mit den Preisen etwas durcheinander gekommen. Gehört hatte ich wohl sixty-five Euro, als ich an den Motorrädern ankam war ich mir nicht mehr sicher, ob es sixty-five oder ninty-five war (in meinem Kopf baumelte die Zahl sechs wohl etwas lose herum). Letzteres erschien mir bei dem Blick von außen eher angebracht und wäre noch immer billiger als das ein- oder ander Hotel in den Tagen zuvor.
Uns war es egal, allen voran meiner Wenigkeit, aber sowas von. Im Ort schien es nicht mehr viele Unterkünfte zu geben und mir war zur der Zeit eh alles wurscht, ich wollte nur nicht mehr weiterfahren. Also nahmen wir das Zimmer.
Wobei, Zimmer ist so eine Sache. Der Portier ging mit uns nach oben, schloß den Raum auf, zeigte uns links das riesen Badezimmer, ging weiter geradeaus in die Wohnküche und bog nach rechts ab ins Schlafzimmer.
Kaum war der Portier draußen, grinst mich der Mic breit an:
"Und wer wohnt hier noch?", gefolgt von
"Ich geh mal ins Schlafzimmer ... ICH GEH MAL RÜBER IN DEN WESTFLÜGEL".
Irgendwie waren wir in einer Ferienwohnung gelandet. Ab da waren wir uns sicher, entweder sind es ninty-five Euro oder sixty-five pro Person. Das stellte sich am nächsten Morgen jedoch als Fehleinschätzung heraus, gekostet hat alles zuammen günstige 65 Euro. Für zwei Personen, riesen Zimmer und allem Schnickschnack für Selbstverpfleger, das kann sich sehen und bezahlen lassen. Bin ich bzw. sind wir nochmal in der Gegend, ganz klar, an der
Residence Cascina Genzianella führt kein Weg vorbei.
Im Haus selber gab es kein Abendessen, also sind wir die Hauptstraße runtergegangen und haben es uns auf Empfehlung des Portiers im
Locus gemütlich gemacht.
Der Laden heißt so, kann ich nichts für. Aber die Pizza war klasse. Hauchdünner Teig, gut belegt, und preiswert noch dazu. Besonders gegenüber diversen Abendessen in Frankreich, beim Belenus!
Danach spazierten wir langsam zurück und setzten uns noch auf einer Bank in Sichtweite zum Hotel, bisl klönen, den vergangenen Tag Revue passieren lassen und den kommenden vorplanen.

Plötzlich fuhr ein fetter Geländewagen an uns vorbei, ging satt in die Eisen, setzte zurück und stoppte genau vor uns. Die Polente wollte uns kontrollieren. Schon seltsam, in dem Ort war nichts mehr los, laut und besoffen waren wir auch nicht, andersweitig auffällig dürften wir auch nicht geworden sein, und trotzdem eine Kontrolle. Nunja, sie haben nur die Personalien überprüft und dann waren sie auch schon wieder weg.
Das war es dann auch mit dem Tag. Er war in jeder Hinsicht durchwachsen, hatte seine Höhen und Tiefen.