Wie so oft studierten wir auf der Passhöhe die Straßenkarte, immer auf der Suche nach kleinen Nebenstrecken. Hatte bereits am
dritten Tag mit dem
Col de Parquetout(i) gut geklappt, auch diesmal fanden wir ein verlockendes Ziel. Gewissermaßen eine Abkürzung, die abseits der
Bernard-Nordostrampe über die Berge führt.
Nach kurzem Verfahrer in
La Thuile haben wir die Straße auch gefunden, die hinauf zum
Colle San Carlo führt. Unverhofft haben wir eine richtig gute Piste gefunden, die sich auf erstklassigem Belag durch die Berge windet. Vor allem die Nordrampe legte uns eine Kehre nach der anderen unter die Räder, erste Sahne. Noch dazu war alles trocken, von Regen und schlechten Wetter nicht die Spur. Kurzentschlossen eine Ausweichroute bestimmt und fast sowas wie einen Geheimtipp gefunden, das passte uns gut in den Kram. Der
Carlo sei jedem nur ans Herz gelegt.
Den fotogenen Himmel habe ich jedoch nur wenig ausgenutzt, die Fahrerei stand zur Abwechslung im Mittelpunkt. Beides sollte sich am nächsten Pass leider ändern. Auf dem Weg nach Norden wartete der
Col du Grande Saint Bernhard auf uns. Schon auf der Südseite, die eine Baustelle nach der anderen aufwies, gesellten sich Wolken mit ins Landschaftsbild. Es sah zwar noch nicht nach Regen aus, aber es war klar, das wir von oben keine tolle Weitsicht haben würden. Wie gerne hätte ich den See am Grenzübergang fotografiert ... oder wenigstens gesehen!
Denn, auf der Passhöhe angekommen, hatten wir den Salat.
Pottendicker Nebel. Nicht nur auf der Passhöhe, sondern auch die halbe Strecke der Nordrampe war die Sicht beinahe gleich Null, weit schlimmer als auf dem Bild zu sehen. Regen hat die nette Eigenschaft, das die großen Tropfen am Visier abperlen, aber hauchfeiner Nebel, denn muss man alle Nase lang wegwischen.
Auf der Nordrampe einige lange Tunnel und Galerien zu durchfahren, hätte nicht gedacht, das mir die dunklen Kerker eines Tages Freude bereiten würden. Ein paar Kilometer lang konnte ich wieder etwas sehen, dann ging es wieder ins Freie und ich musste wieder einhändig fahren. Sämtliche überdachten Freunde hätte meinetwegen auch noch länger und zahlreicher sein können. Als wir endlich unten durch die Wolkendecke stießen, war gut zu sehen, das die Wolken wie ein dichter Teppich über der Landschaft schwebten. Ein Dach von Horizont zu Horizont, nur unterbrochen durch ... fehlende Bergspitzen. Interessanter und ungewohnter Anblick für Flachländler wie uns.
Im Tal war das Wetter besser, wobei sehr stürmischer Wind wehte. Und zwar aus westlicher Richtung, d.h. das Wetter das wir hinter uns sahen, würde irgendwann über uns sein. Abgesehen davon wartete eine Durststrecke von fast zweieinhalb Stunden auf uns. Den am nächsten Tag anstehenden, vorletzten unserer Tourtage wollten wir in der
Furka-Runde erleben, daher mussten wir von
Martigny über
Sion,
Brig-Gils und noch ein paar kleineren Dörfern auf einer geradlinigen und vielbefahrenen Hauptstraße Richtung Osten reisen. 100 Kilometer Langeweile Pur, immer verfolgt von bedrohlich aussehenden Wolken.
Das einzig Interessante: Wir haben das Vierertrüppchen wiedergetroffen, das wir in
Castellane am frühen Morgen unseres 5. Tourtages kurz kennengelernt haben. Die Vier standen irgendwo am Straßenrand neben einem Hotel, sah im Vorbeizischen aus, als täten sie gerade packen ab. Irgendwo hinter
Brig-Gils haben auch wir schließlich eine Unterkunft gefunden. Wo genau, weiß ich nicht mehr, wirklich interessant oder dolle war sie nicht, daher keiner Rede Wert.
Der Plan für unsere letzten beiden Tage sah wie folgt aus: Am Tag 1 noch ein paar Pässe fahren und am frühen Nachmittag nördliche Richtung einschlagen. Tag 2 sollte dann komplett aber halbwegs gemütlich der Heimfahrt gewidmet werden, somit ohne stundenlange Autobahn-Orgien.
Tja, schöner Plan, nächster Plan.